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Dienstag, 21. Mai 2013

Energiesparöfen - Rückkehr


So, liebe Leut.
Offen zugegeben bin ich nicht gerade vom Berichte-Fieber gepackt. In der Normalität des Alltags geht leider einiges unter. Doch staut sich einiges an - in den nächsten Tagen wird einiges nachgeholt. Bin ganz frisch aus Tanzania zurück, auch ein zweites Mal lohnt sich. Davor, etwas weiter zurückliegend, ein Kurztrip in den Kongo. Für den ein oder anderen ist es außerdem sicher interessant, ein gewisses Mehr an rwandischer Kultur abzubekommen und mitzukriegen, was hier eigentlich abgeht.

Ich fange am besten mit der Arbeit an. Vergraule ich euch jetzt?


Ursprünglich war es der Plan, Fahrräder zu verteilen und in die Dörfer zu fahren und sich die efficient cooking stoves anzuschauen, die wir bereitstellen. Die stoves - oder Öfen - ersetzen die traditionellen three-stone-fires, auf denen meist in den Häusern gekocht wird und deren Verbrennung extrem ineffizient ist. Vor allem auf co2-Einsparung ausgerichtet, sollen sie beim Kampf gegen den rasanten Holzverbrauch helfen und den giftigen Rauch vermindern. Durch jahrelangen Betrieb innerhalb des Hauses leiden viele Familien an schweren Lungenerkrankungen - ein langsamer Fluch.

Irgendwann erfuhr ich: das cooking stove project, von dem mein Vorgänger mir einiges an Beschäftigung versprach, ist noch gar nicht angelaufen. Es ist kein einziger Ofen aufs Land gebracht worden.

Ich kann nicht viel dafür (oder dagegen?) tun. Das Projekt soll in Zusammenarbeit mit co2balance laufen, einem co2-Kompensationsunternehmen aus UK, die aber - quod expectandum erat - eine Mauer aus Bürokratie um ihre Projekte ziehen. Warten, warten, warten, für die permission.
Wo habe ich das letztens gehört? Die Europäer haben die Uhr, die Afrikaner haben die Zeit. (btw sorry für diese krasse Reduzierung des Begriffs Afrika)

Die Anfrage beim Unternehmen steht seit 2010 - mein Vorvorgänger hat sich daran gemacht, einen survey über cooking facilities in Bugesera zu schreiben, um herauszufinden, wo Potential dahinter steckt. Es gab die Frage, wieviel Holz eine Familie durchschnittlich pro Tag zum Kochen verbraucht. Antwort: 18,5 kg! Heftig. Jedoch kann mit dem neuen Ofen mehr als die Hälfte eingespart werden, das ist doch schonmal was.

Wie auch immer, wenn wir das Ja-Wort zum anfangen haben, werden wiederum unsererseits bürokratische Gänge abgehakt, wie zum ibiro by'akarere (district office) fahren und Bescheid geben. Jeder Finger, den man rührt, wird akribisch aufgezeichnet und abgeordnet.



Immerhin steht aber ein neues Projekt vor der Tür.
Von der Idee her dieselbe, aber stattdessen mit noch einem besseren stove, der 80 % des üblichen Holzverbrauchs einspart, soll das Ganze mit atmosfair aus Deutschland ablaufen. Über einige Kontakte habe ich mich für eine Zusammenarbeit eingesetzt. Einige Wochen zuvor gab es ein Meeting mit gegenseitigen Darbietungen der eigenen Vorstellung, wie die Öfen an die Frau gebracht werden. Das wirkte ganz vielversprechend. Vielleicht bringt es meiner Orga einen Schub nach vorn, denn die Gewinne aus dem Verkauf der Öfen dürfen behalten werden, solange sie in andere Projekte investiert werden - käme dem Fahrradprojekt nur zugute.


Freikauf gerechtfertigt?

Klingt ein wenig irre, wenn die Öfen kostenlos zu uns kommen, und sonst fast alle anfallenden Kosten für Seminar und promotion übernommen werden. Doch für gewöhnlich finanzieren die Kompensationsunternehmen alles mit den Geldern, die sie von Firmen wie Porsche oder Boeing für ihre Zertifikate erhalten. Klingt hier ein wenig nach Sündenbock, ist aber eher Ablasshandel, denn gleichzeitig werden nicht weniger Treibhausgase erzeugt. Man kann es sich eben sehr leicht machen.

Doch im Endeffekt heißt das zumindest für die locals: weniger Holzverbrauch <-> mehr Mahlzeiten am Tag <-> schneller Kochen, kleineres Risiko für Lungenkrebs, langsamer Holzeinschlag, eine Möglichkeit Geld zu sparen, weniger bodenschädlichen Eucalyptus nachpflanzen.